Drei Chroreographen, drei verschiedene Musik- und Stilwelten, ein ungemein sehenswerter Tanzabend im Essener Aalto-Theater: "Zeitblicke" mit "Petite Morte", "End-Los" und "Rooster" von Patrick Delcroix, Jiří Kylián, Christopher Bruce.
Gegenstände auf der Bühne, Requisiten beim Tanz, das geht nicht immer gut, kann leicht verkrampft werden. Doch die Florette der sechs Herren wie die "rollenden Kostüme" der sechs Damen in J. Kyliáns "Petite Morte", das zu Klaviermusiken von Mozart mit Tod und Sex, Aggression und Annäherung spielt, funktionieren ebenso hervorragend wie das, was man ein magisches Bühnenverwandlungstuch nennen könnte. Hauptmanko dieses Auftaktes des Ballettabends "Zeitblicke" ist wohl seine Kürze.
"End-Los" hat Patrick Delcroix seine ausgesprochen spannende, ausdrucksstarke Choreographie für fünf (wechselnde) Paare genannt, die hier in Essen uraufgeführt wurde. In der Tat, im besten Sinne erinnert sie an eine endlose Möbiusschleife zu Musiken von Jóhann Jóhannson, Kerry Muzzey und David Lang. Besonders auffällig: Die Präsenz der Tänzerinnen. Während die Herren wie Naturgewalten, wie Wind, Wasser, Feuer oder vielleicht auch das Schicksal in Erscheinung treten, sind es die Damen, die sich mit diesen Impulsen auseinandersetzen, sich von ihnen tragen lassen oder ihrer erwehren. Was eine wirklich schöne Abwechslung ist, denn allzu oft sind Tänzerinnen auch in modernen Choreographien eher schmückendes Beiwerk, Deko-Objekte als handelnde, kraftvolle Indviduen.
"Rooster" reitet ein bisschen sehr auf dem roten Faden, dem "Little Red Rooster" aus dem gleichnamigen Song der Rolling Stones herum. Christopher Bruce verfolgt dabei die Grundidee, dass die Herren wie kleine Gockel seien, die Damen dagegen ironisch-selbstbewusste Hennen. Das ist hübsch anzuschauen und macht den Tänzern sichtlich Spaß ("Sie hatten eine nette Party da oben", brachte es meine Begleitung präzise auf den Punkt), hätte aber ruhig etwas mehr sein dürfen. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich nun mal kein Fan der Stones, es mich jedoch überraschte, dass ihre Songs (inzwischen? für mich?) fast selbst so etwas wie Klassiker oder doch Standards sind, in denen sich wiederum jede Menge (Pop)Musikgeschichte sammelt. Und bei der Akkustik des Aalto-Theaters und der Exzellenz der Tänzer des Essener Balletts war das alles in allem so oder so ein hörens- und sehenswerter Abend.
DisTanz
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