Nein, ich meine nicht Nationalelf der Deutschen Damen, obwohl das generell sicher auch auf sie zu trifft. Während diese sich am Donnerstag gegen die Nigerianerinnen durchsetzten, war ich mal wieder im Ballett. Ptah II ist ein Abend gestaltet von jungen Choreographen, an dem nicht nur der Ort – im Essener Schauspiel, dem Grillo-Theater, vermuten die ansonsten das Aalto gewohnten Ballettfans keinen Tanz – sondern vor allem die Frische und Kraft der (allermeisten) Choreografien und Tänzer.
Game (C.: Denis Untila) sah ich gestern bereits zum dritten Mal – das erste Mal war’s Teil des ersten Ballettabends junger Choreographen in Essen und auf der großen, wirklich großen Bühne des Aalto-Theaters zu sehen, das zweite Mal war’s in der kleinen Casa mit ihrer schon intimen Nähe zur ‚Bühne‘ zu Gast und nun eben auf der großen Bühne im Grillo. Dieses getanzte Pokerspiel voll Dynamik, Kraft und Innovation würde ich mir auch ein viertes und fünftes Mal ansehen — aber noch lieber würde ich mehr, viel mehr vom jungen Choreografen Denis Untila und seinen Tänzern, allen voran Ana Sanchez Portalez, Wataru Shimizu und Oleksandr Shyryayev sehen.
Letztere war in The Looking Glass zu bewundern, das er gemeinsam mit seiner Tanzpartnerin Jessica De Fanti-Teoli auch choreografiert hat. Allerdings kann sie ihm tänzerisch nicht das Wasser reichen – was, zugegebenermaßen, auch daran liegen mag, dass es atemberaubend ist, dabei zuzusehen, wie jemand seinen Körper derart sowohl balletttechnisch als auch artistisch so perfekt und scheinbar mühelos zugleich beherrscht.
Weitere Facetten seines Könnens zeigte er bei Cube, einer unglaublich schnellen Choreografie, die das Dilemma und den Kampf im gleichnamigen Film in wenigen Minuten mit absoulter Präzision spannungsreich auf den Punkt bringt. Das einzige, was bei diesem Wiedersehen (auch Cube von Denis Cakir war vor Teil des ersten Abends junger Choreographen) nach wie vor bedauerlich war: Es ist zu kurz. Und doch ist klar, länger würde niemand, nicht mal drei Tänzer von diesem Schlag, das Tempo durchhalten …
Das beste, was man über Unspoken Movement (Eva Dewaele) sagen kann, ist: Niemand quatscht irgendwelche Trivialitäten wie in Nuvole Bianche (C: Armen Hakobyan), das überdies das aufwendigste Bühnenbild ganz ohne Zweck, dafür vier grandiose Tänzer hat: Ana Sánchez Portales, Armen Hakobyan, Wataru Shimizu und Christopher Parker versöhnen mit überflüssigen Worten und allem anderen Kitsch.
Unspoken Movement jedoch – was soll man von einem Stück halten, bei dem man Tänzer zusieht, wie sie sich in Pose für einander stellen? Versagt die Choreografie oder sind die Tänzer zu schlecht? Wie simpel muss man gestrickt sein, um sich solch triefendem Pathos hinzugeben? Immerhin, es dauert nur wenige, dafür jedoch endlos scheinende Minuten, dann ist es vorbei.
Bei Alice dagegen, immerhin ein halber neuer Denis Untila, denn er choreographierte es zusammen Michelle Yamamoto, ist es ein großer Glück, dass nicht nur in Sachen Zeit aus dem vollen geschöpft wird. Abgesehen von einem "Teetisch aus Gummi", der dem Möbel die absurde Eleganz eines frühen Disney-Comic-Films gibt, braucht es fast nichts außer den üblichen Ballettgassen und einem wunderbaren Ensemble auf der Bühne. Besonders sehenswert auch hier Oleksandr Shyryayev als Hutmacher, dazu Igor Volkovsky (ebenfalls in Cube zu bewundern)als Raupe/Verehrer und Königin/Chef getanzt von Breno Bittencourt sowie Ana Sánchez Portales, die überhaupt beste der Tänzerinnen dieses Abends.
Alles in allem bleibt festzuhalten: Das ist der vermutlich sehenswerteste Abend, der derzeit auf der großen Bühne des Grillo-Theaters geboten wird.
Kraftvolles Spiel
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