Zweiter Anlauf – denn inzwischen ist es nicht nur eine ganze Weile her, dass ich totgepflegt von Minck & Minck sowie Jan Costin Wagners Das Schweigen ausgelesen habe. Es dürfte auch mindestens eine Woche vergangen sein seit dem ersten Versuch, darüber zu schreiben. Wenn man an eigenen Manuskripten sitzt, bleibt leider kaum mehr Zeit für Fremdlektüren — und das Blogg. Jetzt aber ...
Meine Erstbegegnung mit Das Schweigen liegt sogar noch länger zurück, denn dieses Buch war Teil der Weihnachtslesung mit Buch- und Teehändlerin. Ausgesucht hatte es, Wunder oh Wunder, Sandra Koch vom Buchladen Magus, und sie hatte auch die Stellen zum Vorlesen ausgewählt.
Die lasen sich so gut, dass ich unbedingt das ganze Buch lesen wollte. Okay, es war abzusehen, dass das Zeit brauchen würde, da ich mich zur Weihnachtszeit ja mitten im Endspurt des Debüt-Glauser-Lesemarathons befand. Dass es jedoch so lang dauern würde und ich obendrein mittendrin ins Stocken geraten würde, damit rechnete nicht mal ich.
Zu viele zu fremde, d.h. finnische Namen ließen mich Namensgedächtnislose immer wieder stolpern. Und auch die Sprache, die mich beim Vorlesen so fasziniert hatte, stieß mir gelegentlich als manieriert auf. Dennoch las ich weiter, bis ich am Ende mit einem Kopf voller ungeklärter Fragen zurück blieb.
Nein, damit meine ich nicht das "offene Ende", obwohl es ein Stück weit symptomatisch ist für meine unentschiedene Verwirrung. Für mich ist es fast unmöglich zu sagen kann, ist dieses Ende die pure Effekthascherei, drückt sich da gar wer um die Auflösung (oder spekuliert auf eine Verfilmung inklusive zweitem Teil, der dann das seltsame Nicht/Ende als Cliffhanger rückwirkend legitimiert) oder ist genau das – dass es nach der höchst überraschenden (und gelungenen) Schlusswende eben keine Auflösung gibt; dass der Leser am Ende mehr weiß als die Protagonisten, die einem gewaltigen Irrtum unterliegen, etc. – genial?
Ich weiß es bis heute nicht. Wahrscheinlich werde ich eines Tages doch einfach ein zweites Buch von Jan Costin Wagner lesen müssen, um für mich zu entscheiden, wie ich nun zu diesem Autor stehe. Oder sollte ich zur Anwechslung mal selbst eine Lesung besuchen?
Ebenfalls mit einer Lesung verbunden, wenn auch indirekt, war die Lektüre von totgepflegt, hatte ich im letzten Herbst doch die Ehre und das Vergnügen, zusammen mit Edda Minck in Bochum zu lesen. Ihr zuzuhören ist ein Genuss, denn sie beherrscht ihre Stimme wie ein Solist sein Musikinstrument, und mit ihr spielt sie gekonnt auf der – zugegeben überwiegend heiter bis komischen – Gefühlsklaviatur ihres Publikums.
Leider musste ich nun feststellen, als einsame, stille Lektüre funktioniert das für mich längst nicht so gut. Schade, dass es die Minck-Werke nicht als Hörbuch, gelesen von Edda höchstselbst, gibt (okay, es ist höchst selten, dass Autoren ihre Bücher selbst einlesen bzw. in vielen Fällen ist das gewiss sogar sinnvoll, aber in diesem wäre die Ausnahme einfach nur großartig).
Denn allein mit dem Text bin ich bei M&M alleingelassen mit einem Subgenre, das schlicht nicht meins ist – trotz unbestreitbar plastischer Figuren in einem durchdachten Plot. Nein, Komik und Krimi, das ist eine Rechnung, die für mich nur bei Jörg Juretzka aufgeht. Er dürfte der unbestreitbare Meister des saukomischen und zugleich doch todernsten Krimis sein und überdies der Beweis, dass es nicht allein an mir liegen kann, dass ich die meisten anderen, komischen Krimis entweder gar nicht oder nicht zuende lese. Außer totgepflegt – was ganz allein der Verdienst von Edda Minck und ihrer Lesestimme war. 🙂