Dass Coppélia ein klassisches Ballett sein würde, liegt angesichts der Tatsache, dass es sich um Musik von Tschaikowsky und eine Choreografie von Roland Petit handelt, auf der Hand. Dass ich dennoch davon so manches wiedererkennen würde, hätte ich nicht gedacht. Woran man mal wieder sieht, was für eine Banause in Sachen Klassik eine Ex-Praktizierende des modernen Balletts sein kann …
Für solche Wesen ist der klassische Tanz zwar alles andere als unwichtig – wie könnte die Basis, auf der man aufbaut, die Grundtechnik, die einen abheben lässt, unwesentlich sein? -, aber sie bleibt doch fremd und Mittel zum Zweck.
Dass Coppélia seit seiner Uraufführung in Paris um 1870 dort ohne Unterbrechung auf dem Spielplan steht, macht dieses Stück gewissermaßen zur getanzten Definition anhaltenden Erfolgs. Und so erklärt sich wohl auch, dass darin nicht nur viel Musik zum Wiedererkennen steckt, sondern es obendrein gleichmehrfach ein Wiedersehen mit Tanzrepertoires aus dem Ballettsaal gibt. Da könnte man glatt nostalgisch werden, und das, obwohl mir "rosa Romantik" und "Traum aus Tüll" ausgesprochen fern liegen.
Dabei gibt es in Coppélia, wie es im Essener Aalto Theater zu sehen ist, von beidem erfreulich wenig. Alles ist auf das Wesentliche reduziert, übertrieben wird wenig, und so fällt auf, wie modern letztlich das Ballett selbst ist: Jahrmarktsmusik und mechanische Puppen, das hat etwas von einem Spiegelkabinett, in dem sich der Kunsttanz selbst ein Stück auf die (mechanische) Schippe nimmt.
Da macht es wenig, dass in der Vorstellung, die ich besuchte, nicht alles perfekt lief (eigentlich sollte man ja meinen, Tänzer wären ideal vorbereitet, als Pralinésoldaten anmutig im Gleichschritt zu agieren …). Die beiden männlichen Solisten – Coppelius, der Erfinder, und der Mechaniker Franz (?) – hätten ganz allein einen sehenswerten Abend bestreiten können.
Und was will man mehr, als zuzuschauen, wie zwar keine mechanische Puppe zum Leben erwacht, dafür jedoch eine alte Tanzkunst nach wie vor höchst lebendig und bewegt auf die Bühne gebracht wird?