Grauschleier

Es gibt Tage, da wünsch ich mir, ich hätt einen ganz normalen Job und ein ganz normales Leben dazu. Eins, wo man jeden Arbeitstag zur selben Zeit aufsteht, wo man weiß, wann Feierabend ist und was am Monatsende auf dem Konto ist. Tage, an denen sich ein Grauschleier aufs Dasein senkt, sind das …

Dabei geht’s gar nicht mal so sehr um die Hungerhonorare, die man meist grad eben so mit der Kunst gleich welcher Gattung erwirtschaftet. Okay, irgendwo schon – denn ich wüsste gern, wie das wäre, einfach schreiben, malen, arbeiten können, ohne sich über die finanzielle Seite des Lebens Gedanken machen zu müssen. Ich wüsste gerne, was ich dann konkret schreiben würde, ob es die Geschichten und Bilder beeinflussen würde, was es ändern würde für mich.
Dann könnten solche Grauschleier wie jetzt mir vielleicht nichts anhaben. Ist nichts weiter passiert. Ich hab nur mal wieder einen Versuch gemacht, eine Agentur für die Literatur zu finden, und wieder das Übliche zu hören gekriegt: Marktgängigere Manuskripte seien gesucht.
(Okay, das war nicht alles. Man mochte meinen Schreibstil, lobte Figuren, etc. Es geht auch rein gar nicht um die Person, die mir dies schrieb, denn sie kann nichts für meine Ansprüche – oder die der Verlage oder wer immer meint zu wissen, was grad "marktgängig" sein könnte.)

Ich kann’s nicht mehr hören. Dass die Marktwirtschaft grad in einer heftigen Krise steckt, weil das "Marktdenken" halt doch nicht so gut funktioniert, wie man sich aus Gier einreden wollte, mag nicht so viel mit dem Buchmarkt zu tun haben. Aber dass grad in der Kunst (und auch Unterhaltung ist Kunst, kann Kunst sein, sollte es in meinen Augen allemal) das so eine Sache ist mit dem Kommerz … und dass es auf Dauer auch in den Publikumsverlagen nicht gut gehen kann, wenn alle immer dem größten gemeinsamen Nenner plus Hype-Faktor à la "me too" (sprich: selber entdecken ist riskant, auf rasende Bestsellerzüge aufspringen, toll … bloß, wie lange?!) hinterherrennen, kann man sich doch eigentlich denken.
Bei mir löst’s sowohl als Leserin wie als Autorin einen ungeheuren Widerwillen aus. Ich mag nicht mehr. Ich mag das Durchschnittszeug (was sonst wäre den "marktgängig"?) nicht mehr lesen, und allein, wenn ich dran denk zu versuchen, sowas zu schreiben, wird mir schlecht.
Nicht falsch verstehen. Wie vermutlich jeder andere Schriftsteller will ich möglichst viele Leser erreichen. Ein großes Publikum zu haben, heißt ganz sicher nicht, was da geboten wird, muss schlecht sein. Aber ich hab ein Problem mit dem künstlichen, willkürlichen Nadelöhr der "Torwächter", die glauben sicher zu wissen, was geht und was nicht. Ich hab bei meinen Fernsehfilmen gesehen, dass sie unrecht hatten. Die funktionierten für ein Massenpublikum (tun’s noch, denn sie werden ja wieder und wieder wiederholt und das mit guten Quoten) und hatten bei der Erstausstrahlung gute Kritiken in der Süddeutschen.
Dummerweise hab ich bei Film & Fernsehen auch gesehen, dass ich eins nicht tun sollte: Zu versuchen für den Markt zu schreiben. Das tötet jede Idee, da geht umgehend gar nichts mehr und ich beginne, meinen Traumberuf zu hassen. Also muss ich schauen, dass ich den Grauschleier anderweitig loswerd … falls Sie’n gutes Waschmittel parat haben, her damit: Ideen/Spenden, Aufträge & Anregungen aller Art werden gern entgegengenommen 😉

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6 Antworten zu Grauschleier

  1. moni sagt:

    Hallo Mischa,

    wie wärs, wir tauschen einfach Leben für ne Woche oder zwei. Mal schauen, wie es dir wirklich gefallen würde… so als Durchschnitts-arbeitende-Hausfrau-Mami. Die Sorgen und Probleme sind auch da, nur anders. Aber ich versteh was du meinst. Und ich bin mir sicher, du findest den passenden Verlag. Und was Hypes und so angeht – auch die fingen mal mit einer Idee an, die nicht „marktgängig“ war, sie wurde nur richtig vermarktet ;o)
    *hug* moni

  2. mischa sagt:

    Hey, das ist unfair, zumal ich weiß, dass „deine Monster“ doch auch ganz lieb sein können … 😉 Und was die Verlagssuche angeht – da find ich’s auch immer wieder ganz schön verrückt, dass man so manches, ungewöhnlicheres Buch besser mit kleinen Verlagen macht (und einen wunderbaren solchen kenn ich ja :-)), dass man aber für andere Projekte eher so’n großes Ding braucht … und dabei können die Großen ganz schön zicken, wenn es um (ungewöhnlichere) Kleinigkeiten geht. (Hm und warum denk ich jetzt an Elefanten und Mäuse?! 😉
    Danke fürs Seelchenmassieren und Rückgratstützen,
    Mischa

  3. li-ll-ih sagt:

    heee, in essen wird ein theater frei 🙂 das ist doch was für uns!

  4. mischa sagt:

    Auch wieder wahr. Fehlt uns nur noch ein Intendant. Oder wollen wir uns als „Doppel-Spitze“ bewerben? 😉

  5. lülü sagt:

    nein, bloß nicht! lieber einen anderen vorschicken für die nervigen aufgaben (stadt, gelder usw) und selber entspannt schreiben und regissieren 🙂

  6. mischa sagt:

    die idee ist ja nicht schlecht, aber woher nehmen wir nun diesen menschen her, der sich für uns um all das kümmert? gibt’s so einen vielleicht auf dem weihnachtsmarkt zu kaufen?! 😉

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