Jetzt aber: Auf zum zweiten Beispiel für den "Tatort Familie", nämlich auf zu Maeve Carels und ihren Romanen. Okay, ihrem aktuellen Roman, denn über alle zu schreiben, würde den Rahmen eines Blogg-Eintrages bei weitem sprengen. Zur ewigen Erinnerung ist der Titel ihres aktuellen Buches, und eins kann man gleich festhalten: Für Weicheier, Familienidylliker und Anhänger der Political Correctness in allen Lebenslagen ist das nichts. Und das ist verdammt gut so.
Ich krieg nämlich gelegentlich die Krise, wenn man mir nichts als sympathische Hautpfiguren vorsetzt. Danke, ich bin erwachsen und durchaus in der Lage, mit komplexen, widersprüchlichen Figuren umzugehen, die mehr Fragen aufwerfen als Sympathien wecken …
Und genau da kommen für mich Maeve Carels Bücher ins Spiel.
Zum Plot ihres Buches Zur ewigen Erinnerung kann ich nicht viel sagen, ohne womöglich zu viel zu verraten. Manches darin ist vielleicht dem einen oder andern etwas zu konstruiert, so viel Kritik würd ich noch unter "Geschmäcker sind verschieden" stehen lassen. Dass so manche Szene jedoch zu hart sei, ist jedoch kompletter Unsinn in meinen Augen. Wir Autoren sind meist viel, viel netter als die Realität, selbst, wenn wir ‚hard boiled schreiben‘ oder aber uns um psychologischen Realismus bemühen.
Und so empfinde ich es auch als komplett stimmig, dass der frauenprügelnde Protagonist in Zur ewigen Erinnerung nicht einfach geächtet wird, dass seine Schwester sich nicht auf die Seite seiner Lebensgefährtin stellt, etc. – wenn das so in der Realität wäre, hallo, wie ginge es da wohl an, dass so viele prügelnde Menschen all überall fröhlich und straffrei vor sich hin leben? Und aus welchem Grund sollte ein Roman da ‚besser als die Wirklichkeit‘ sein – weil Lektoren Wunschdenken pflegen, Leser Idyllen wünschen oder was?
Tut mir leid, dem kann ich nicht folgen. Ich ziehe Bücher vor, die mich in Abgründe schauen lassen, auch, wenn es mich vielleicht schaudert. Aber ich bin ja auch ein bekennender Fan von Maeve Carels tief gespaltenem Kommissar Johannes Papinga und werd es Rowohlt nie verzeihen, dass sie die Serie mit dieser Figur nach nur zwei Büchern eingestellt haben … und insofern nimmt es nicht Wunder, dass der neue Roman auch nicht mehr in Reinbeck erschien. Schade eigentlich. Ich hätte mehr Mut von denen erwartet – aber wahrscheinlich war das eine meiner netten Illusionen, die dringend der Korrektur durch die Wirklichkeit bedurften.
Tatort Familie
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