Ich komm zu nix. So viele Ideen, so viel zu tun und dann der spannende Übersetzungsauftrag … heute komm ich auf keinen Fall dazu, meinen Criminale-Bericht fortzusetzen. Statt dessen gibt’s ’ne alte Kritik meiner letzten Lesung mit Claus Boysen, dem großen Vorleser und nicht minder beieindruckenden Schauspieler, der letztes Jahr starb und mir vor allem als Freund fehlt … also, in Memoriam Claus Boysen, das schrieb das Wiesbadener Tagblatt 2003 über uns (und ich hab’s erst vor ein paar Tagen gefunden):
Autorin Mischa Bach im Literaturhaus
Vom 20.10.2003
aja. – Der rasche Wechsel der Perspektive ist Mischa Bachs häufigster literarischer Kunstgriff. Die Autorin war zu Gast im Literaturhaus Villa Clementine (an diesem Abend mit der VHS kooperierend) und hatte nicht nur Kurzkrimis und einen Auszug aus ihrem demnächst veröffentlichten Roman "Der Tod ist ein langer, trüber Fluss", sondern auch den renommierten Sprecher und Schauspieler Claus Boysen dabei. Diese Kombination verlieh der Lesung fast szenische Züge, zumal die Prosa von Mischa Bach durch den Perspektivenwechsel geradezu nach verteilten Rollen verlangt, um richtig zu wirken.
Schon die erste Geschichte, die von einer Hausgemeinschaft erzählt, die sich ihres tyrannischen, versoffenen und rundum unsympathischen Hausmeisters entledigt, ist abwechselnd aus dem Blickwinkel aller Hausbewohner berichtet. Jeder hat auf diesen ekelhaften Zeitgenossen eine andere Sicht. Gemeinsam aber schaffen sie es, wenn auch irgendwie unfreiwillig, dass er mit gebrochenem Genick auf dem Treppenabsatz landet. Auch die nächste Story "Montagmorgen" von Taschendieb und Kaufhausdetektiv wird aus konträrer Sicht erzählt. Mischa Bach beobachtet genau, beschreibt viel, ist nicht immer ganz frei von klischeehaften Formulierungen, doch vermittelt durch die starke Identifikation mit ihren Figuren ein plausibles Bild ihrer Gestalten.
Auch Claus Boysen ließ mit seiner ruhigen Stimme viele Bilder vor dem inneren Auge entstehen. In der dritten Erzählung, die eigentlich nur Beobachtungen auf einem Bahnsteig zum Inhalt hatte, kam dies besonders gut zum Ausdruck. Die beiden Auszüge aus dem im Frühjahr erscheinenden Roman machten neugierig auf eine wieder ungewöhnlich gewählte Erzählperspektive, die in Bonn und Koblenz spielende Story einer jungen Pathologie-Assistentin. Geschickt wählte Mischa Bach einen Textabschnitt, der wirklich Interesse am kompletten Buch weckte. […]
… und den kompletten Artikel gibt es hier: Wiesbadener Tagblatt