Das Ende und die Spannung

Krimis werden, genau wie Thriller, traditionell der Spannungsliteratur zugerechnet. Oft werden beide Formen miteinander verknüpft, wie z.B. in Valerie Wilson Wesleys Remember Celia Jones. Die Privatdetektivin als Ich-Erzählerin sucht darin nicht nur den Mörder ihrer einstigen besten Freundin (Krimi-Muster à la "Whodunnit"), sie gerät am Ende auch ins Visier des Mörders (Thrillerspannung à la "überlebt sie’s?").

Leider geht diese Rechnung nicht oder nur bedingt auf, und für dieses Scheitern (wenn man es denn so nennen will), ist dieses Buch nur ein willkürlich herausgegriffenes Beispiel. Dieses Problem haben viele, sehr viele handwerklich saubere, ansonsten oft gut gebaute und angemessen erzählte Kriminal- und Thrillergeschichten: Beim mehr oder weniger klassischen Krimi wird jeder Fall geklärt, jeder Täter gefunden — vielleicht wird nicht jeder bestraft, so mancher kommt davon, aber das Rätsel "wer war’s?" wird allemal mehr oder weniger eindeutig gelöst. Das weiß jeder, der schon mal einen Krimi gelesen hat, und je mehr Bücher von der Sorte man gelesen hat, um so sicherer weiß man das.
Ganz ähnlich sieht’s beim Thriller aus. Da gehört es zum Grundmuster, dass die Hauptfigur spätestens mit Beginn des Showdowns ins Visier des Täters gerät und gegen diesen einen Kampf durchzustehen hat. Und es muss nicht mal eine Serienfigur wie z.B. Wesleys Privatdetektivin Tamara Hayle sein, die obendrein aus der Ich-Persepktive erzählt – auch Soloromanhauptfiguren, die in der dritten Person erzählen, überleben in riesengroßer Zahl den ach-so-gefährlichen Showdown.
Das wirft Probleme für die Spannung auf, was im Genre der Spannungsliteratur ersten ironisch wirkt und zweitens damit zu tun haben dürfte, warum Genreliteratur desöfteren als tendenziell banal gilt. Wie kann man einen Krimi respektive einen Thriller spannend erzählen, wenn doch "allen" klar ist, dass auf- und abgeklärte Überleben des Detektivs respektive der Hauptfigur ist so gut wie sicher?
Klar, auch Erwachsene haben noch kindliche Bedürfnisse und die Wiederholung von (Erzähl)Mustern kann so eines sein. Sie birgt aber auch die Gefahr der Langeweile oder wenigstens der Enttäuschung. Mir passiert das leider immer öfter beim Lesen – egal, wie spannend und interessant die Geschichte in den ersten Zweidritteln war, spätestens ab dem Showdown wird’s für mich vorhersehbar und dünn, eben enttäuschend. Und, logisch, was mich als Leserin nervt, will ich erst recht nicht schreiben. Denn als Autorin verbring ich ja noch viel mehr Zeit mit der Geschichte … was erklärt, warum mir Whodunnits und die ganzen, üblichen Ermittlungserzählungen nicht liegen. Und was vielleicht auch erklärt, warum ich manchmal so verflucht lang brauch, bis eine neue Geschichte entstehen kann … ich muss ja auch immer erst rausfinden, was ich da wie erzählen will …

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