Geheimnisse

In Cornelia Travniceks Pegasus-Bericht im Literaturcafé gibt’s diesen besonderen, ehrlichen Absatz über die geheimen Hoffnungen junger Autoren. Und der wiederum brachte "mich Mittelalte" dazu, mich der unausgesprochenen Hoffnungen zu erinnern, mit denen ich mich in das Abenteuer Schreiben & Veröffentlichen stürzte …

Meine allerersten Schritte in dieser Richtung waren wutgeboren und ließen wenig Raum für so zarte Geistesgebilde wie Hoffnungen oder auch Illusionen. Ich war 15, hatte mich über irgendeinen Artikel in der Lokalzeitung tierisch geärgert (es ging um Schüler meiner Schule und die Darstellung schien mir vollkommen unfair und indiskutabel, so viel weiß ich noch) und war wutschnaubend in die Redaktion gestapft. Als ich fertig war mit Dampfablassen, fragte mich der Lokalchef, ob ich wirklich meinte, dass ich das – das Schreiben, das Berichten – besser könne. "Klar", sagte ich, halb noch in Fahrt, halb verdattert. Und damit war ich freie Mitarbeiterin der Lokalredaktion.
Ganz schön verrückt. So etwas würd kaum einem erwachsenen Menschen passieren. Ich weiß jedenfalls heute nicht mehr, woher ich den Mut nahm oder wie es kam, dass meine Wut mich so mitreißen konnte … aber geschadet hat es nicht.
Im Gegenteil. Nur reichte mir das journalistische Schreiben allein irgendwann nicht mehr. Ich wollte mehr, wollte aus den Bildern in meinem Kopf Geschichten machen – und fing an, mit meinem Freund & Co-Autor Jörg Schade Drehbücher fürs Fernsehen zu entwickeln. Und ich machte einen Deal mit mir: Bevor ich das Studium abgeschlossen hätte, würde ich das erste Drehbuch für einen Spielfilm verkauft haben. Sonst … sonst würde ich eben wieder/weiter journalistisch arbeiten.
Es dauerte ein paar Jahre und ich hatte den guten alten Murphy vergessen: denn als Jörg & ich unser erstes Drehbuch verkauften (d.h. es rund 8 Mal überarbeiteten, bevor aus unserer Idee der "Polizeiruf 110" mit dem Titel "In Erinnerung an …" wurde), hatte ich mich gerade zur Magisterprüfung angemeldet und mir lief die Zeit davon …
Klar war ich damals nicht nur stolz wie Oskar, ich hatte auch genau solche – geheimen, unausgesprochenen – Hoffnungen wie Cornelia und F.: In fünf, spätestens zehn Jahren hätte ich "es" geschafft, das müsste doch drin sein. Allerdings war dieses "es" mehr Schemen als Ziellinie – mal roch es nach regelmäßigen TV-Film-Aufträgen, dann ging es um Kino und ein ander Mal war es der Wunsch nach Preisen (durchaus im Plural, schließlich kann man mit einem Preis nicht überhäuft werden, und wer wollte weniger als das?! ;-))
Es kam anders. Erst kam die Prosa hinzu – nun gut, dann würde es statt Film- eben Literatur-Preise regnen -, dann die Erkenntnis, egal, wie literarisch Kriminalroman geschrieben sein mögen, solche Preise bekommen sie selten. Da ist die deutsche E/U-Schizophrenie vor. Dann eben Bestseller, dachte ich mir trotzig insgeheim … Als ich schließlich auch noch für die Bühne zu schreiben begann, erweiterten sich meine geheimen Karriere-Illusionen in Richtung Theaterpreise …
Wahrscheinlich gehört das dazu. Wir alle – also alle Menschen, die sich aufs Schreiben oder auf eine andere Kunst einlassen – wissen vom Kopf her, dass "es" nur ganz wenig schaffen. Nur die wenigsten von uns können (gut) von ihrer Kunst leben. Aber dieses Wissen hält uns nicht davon ab, es dennoch zu versuchen. Gut so. Die Kunst wäre sonst um vieles ärmer. Besser jedoch, wir lernen, dass "es" nicht einfach Ruhm & Reichtum an sich bedeutet, sondern eine Leerstelle ist. Und was sind Leerstellen anders als Projektionsflächen, Leinwände oder eben auch weiße Seiten des Geistes, die wir füllen können?
Nichts gegen Reichtum oder Ruhm. Aber ein bisschen spezifischer darf’s schon werden. Schließlich erschaffen Autoren oft ganze Welten, da sollte man meinen, wir hätten auch etwas mehr Vorstellungskraft, was unsere eigenen Ziele angeht …
Und das ist dann für mich der Unterschied zwischen der "Drehbuchdebütantin" von damals und der Autorin & Malerin heute – aber wie meine geheimen Ziele heute aussehen, von denen ich hoffe, sie sind keine Illusionen, das kann ich nicht verraten. Dann wären sie ja nicht mehr geheim. 😉

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