Gehört der Zweifel zum kreativen Prozess? Was hat das Ego mit dem Schreiben zu tun? Und sind geteilte Erfahrungen halbes Leid oder doppelte Freude oder ganz was anderes? Fragen über Fragen, dankenswerterweise angestoßen von Britt. 🙂
Doch, dass der Zweifel zur Kreativität gehört, liegt nahe. Und ich glaub, das geht noch weiter als diese nagenden, bohrenden Fragen hinsichtlich des eigenen Könnens. Vielmehr – wenn die Realtität, das was ist, ausreichen würden, alles wäre, keine Fragen, keine Spielräume offen blieben, dann müsste man keine Geschichten erfinden, nichts schreiben, nicht kreativ sein. Aber da sind all diese Welten des Möglichen, Denkbaren, wie es auch gewesen sein oder noch werden könnte … und sie alle gehören zu den "Sirenen", die uns Autoren zum Geschichtenerfinden verführen.
Die Erfahrungen, vor allem die jenseits von Worten, die Realität mit ihren Macken und Kanten, an denen man sich als Mensch alle naslang stößt und die sich mit aller Psychologie, Soziologie, halt mit dem gesammlten Logos nicht vollständig erklären lassen, die sind ein weiterer Urgrund der Kreativität. Jedenfalls für mich. "Was wäre wenn …" trifft "weißt du, wie es sich anfühlt wenn …", und wenn dann noch ein paar andere Elemente hinzukommen, beginnt’s im Innern zu arbeiten.
So ungefähr. Manchmal kommt mir das Schreiben vor wie Perlentauchen in den dunklen Untiefen des Unterbewussten und Unbewussten. Manchmal hat es mehr mit Komposition, mit Musik und Mathematik zu tun, als ob es um Gleichungen geht, um Harmonien, (Welt)Formeln.
Mein Ego hat damit wenig zu tun (irgendwie sind Egos ja eh stets überbewertet ;-)). Es hat für mich nicht mal was mit der Erkenntnis zu tun, dass ich als Autor immer auch der erste Leser bin, dass ich alle Geschichten, die ich erzähle, erstmal mir selbst erzähle. Das ist einfach ein Fakt. Fürs Ego schreiben, das hieße für mich um des Ruhmes willen zu schreiben, also Selbstbeweihräucherung per Buchseiten zu betreiben. Das wär mir zu langweilig, zu wenig, und dazu ist die Kunst in meinen Augen auch nicht geeignet.
Nein, das mit den Erfahrungen, den geteilten, das trifft es schon sehr viel mehr. Erzählend tragen wir unsre Erfahrungen weiter, das ist eine sehr alte Erkenntnis. Und erzählend lernen wir sie selbst neu (immer wieder neu) verstehen. Erzählend kann man ganze Welten bereisen …
aber ich hebe ab. Wie typisch – kaum ist der Tag nicht grau – kaum läuft es mit dem Geschichtenerfinden und dem Rest des Lebens mal für ein paar Stunden – flieg ich los. So bin ich eben. Entschuldigt mich also, ich muss noch’ne Runde überm Dach drehen. 😉
P.S.: Liebe Britt, ich hoffe, Deine Waffe ließ sich heut gut laden … und die Jagd war erfolgreich. 🙂
Hm, ich bin weit entfernt vom Ruhm, und ich vermisse ihn auch nicht. Trotzdem tut das Schreiben meinem Ego sehr gut. 😉
Aber du hast recht, das Wort Ego ist inzwischen so negativ belegt, weil man von ego allzu oft schnell auf egoistisch, selbstsüchtig schließt.
Eigentlich bedeutet es ja aber nichts anderes als ‚ich’. Die Frage, nach dem, was ich bin. Schreiben ist für mich auch eine Art Ich-Erfahrung. Schreibend lerne ich mich selber kennen, gebe meine Gedanken, meine Gefühle, meine Erfahrungen preis, zeige dem Leser, was mich bewegt. Das alles bin im weitesten Sinne ich, weil all das in mir ist. Und da schließt sich der Kreis.
Aber du hast recht, Schreiben fürs Ego, das hört sich irgendwie Scheiße an. 🙂
Danke, ja, ich habe heute einiges an Pulver verschossen und freue mich, dass du wieder einen guten Tag hattest.
Nur frage ich mich gerade besorgt, wie ich das Manuskript termingerecht fertig kriegen soll, wenn ich andauernd versucht bin, deine Seite zu besuchen. ;-)))
Tja, ich könnte Dir anbieten, dass wir einfach privat weitermailen … das wär eine Möglichkeit. Ich würd natürlich Deine Kommentare hier ganz furchtbar vermissen – aber wenn’s der Kunst also Deinem Manuskript dient … 😉
Ach ja: Meine Reaktion auf den Begriff Ego zeigt wohl, dass sich die Buddhisten in meinem Leben, isb. mein ehemaliger Therapeut, noch immer auswirken … schaun wir mal, ob sich das im nächsten Leben wieder legt. ;-))
Noch’ne gute Nacht Dir *wink*
Ich glaube, zeitlich kommt es annähernd aufs Selbe raus, ob ich hier schreibe oder per E-mail. 🙂 Und wenn du meinst, dass du meinen Senf hier vermissen würdest, dann fällt mir die Entscheidung leicht.
Mein ehemaliger Therapeut war übrigens Freudianer und sah in allem ein Phallus-Symbol; wir könnten ja mal drüber diskutieren, wer von uns schlimmer dran war – das dann aber wirklich per mail ;-)))
Dir auch gute Nacht.